Bei Fluoriden handelt es sich um Salze der Fluorwassersäure. Salze haben, molekular betrachtet, eine für sie typische Gitterstruktur. Dabei liegen negativ geladene Anionen und positiv geladene Kationen in regelmäßiger Anordnung vor.
Im Falle von Fluoriden sind die negativen Anionen stets Fluorid-Ionen (F−). Die dazugehörigen Kationen können von unterschiedlichen positiv geladenen Elementen dazugesteuert werden. Die am häufigsten in Zahncremes verwendeten Fluoride sind Natriumfluorid, Natriummonofluorphosphat, Aminfluorid und Zinnfluorid.
Es ist wichtig zu beachten, dass ein gravierender Unterschied zwischen Fluoriden und Fluor besteht. Fluor ist ein chemisches Element, das bei Raumtemperatur ein sehr ätzendes Gas bilden kann. Da es das reaktivste aller Elemente ist, ist es auf der Erde in seiner elementaren Form nicht anzutreffen. Wohl aber in unzähligen organischen und anorganischen Verbindungen. Eine Form dieser Verbindungen sind die Fluoride, also seine Salze. Sie sind im Gegensatz zum Fluorgas zunächst einmal völlig ungefährlich und in der Natur in kleinsten Mengen weit verbreitet. Es handelt sich also um ein Spurenelement. In erster Linie kommen Fluoride in Mineralien, also Gestein vor. Von hier lösen sie sich und verbreiten sich in Spuren über das Trinkwasser in annähernd jeden Organismus. Selbst im menschlichen Körper kommen etwa 2 bis 5 Gramm Fluoride ganz natürlicherweise vor. Dort werden sie als Baustein von Knochen und Zähnen eingelagert und unterstützen deren Stabilität.
Schon Ende das 19 Jahrhunderts wurde herausgefunden, dass Fluoride scheinbar sehr effizient gegen die immer größere Verbreitung von Karies wirken. Daher wurden seit dieser Zeit den Zahnreinigungsmitteln, hauptsächlich in Pulverform, Fluoride beigefügt. Dieser Bestandteil wurde für spätere Zahncremes übernommen. Heute gibt es Richtwerte, die den Mengenanteil von Fluoriden in Zahnpasta vorgeben. Weitere Maßnahmen, den Menschen ausreichend mit Fluoriden zu versorgen, liegen in der Fluoridierung von Speisesalz oder Trinkwasser. Erstere ist in Deutschland seit 1991 zugelassen. Eine Fluoridierung von Trinkwasser erfolgt in Deutschland, wie in den meisten anderen europäischen Ländern, nicht.
Im Folgenen Artikel soll erklärt werden, wie Fluoride die Zähne schützt, aber auch welche schädlichen Folgen eine Überdosierung haben kann. Darauf folgt eine Einordnung fluoridfreier Zahncremes und die Vorstellung alternativer Möglichkeiten zur Verwendung von Fluoriden.
Um zu verstehen, wie genau Fluorid in Zahnpasta wirkt, muss zunächst verstanden werden, welche Prozesse den Zahnschmelz schädigen. Die menschliche Mundhöhle ist voll von unzähligen Bakterien. Die meisten davon dienen der ersten Verdauung und sind durchaus willkommene Untermieter. Einige können allerdings auch sehr schädlich sein. Streptococcus mutans ist eine Familie von Bakterien, die Karies verursachen. Und das passiert so:
Der Zahnschmelz, der die äußerste Schicht unserer Zähne darstellt, ist die härteste Substanz des menschlichen Körpers. Er besteht aus einer Kristallgitterstruktur, in der zum Großteil Calcium und Phosphor in Form von Hydroxylapatit vorliegen. Dieses Hydroxylapatit ist allerdings säurelöslich. An dieser Stelle kommt Streptococcus mutans ins Spiel. Diese Bakterien ernähren sich von Zuckern unterschiedlichster Art und produzieren, quasi als Ausscheidung, Milchsäure. Diese Milchsäure wirkt sehr lokal und führt zu einem Auslösen von Calcium uns Phosphor aus der Gitterstruktur des Zahnschmelzes. Dieser Prozess, der Demineralisierung genannt wird, führt dazu, dass winzige Löcher im Zahnschmelz entstehen.
Wenn nun kein Zucker mehr für die Bakterien vorhanden ist, weil z.B. die Malzeit beendet ist, dann produzieren die Bakterien auch keine Milchsäure mehr. Der Demineralisierungsprozess ist beendet und es binden im Speichel befindliche Calciumphosphate in die entstandenen Lücken im Zahnschmelz. Bei diesem Remineralisierungsvorgang wird der Zahnschmelz somit direkt wieder repariert und gestärkt.
Beide Prozesse, Demineralisierung und Remineralisierung, sind unter natürlichen Bedingungen, perfekt ausbalanciert. Es sind Mechanismen, die sich im Laufe der Evolution entwickelt haben, um den unvermeidlichen Auswirkungen von Streptococcus mutans zu trotzen.
Nun haben sich diese „natürlichen Bedingungen“ allerdings in den letzten 100 Jahren stark verändert. Wir nehmen Zucker in unglaublich großen Mengen und kurzen Zeitabständen zu uns. Das führt dazu, dass die Bakterien mehr Milchsäure produzieren und dadurch sowohl die Demineralisierung bestärken, als auch die Remineralisierung hemmen. Auch saure Lebensmittel, wie Limonade, begünstigt eine gesteigerte Demineralisierung (Zahnerosion). Als Folge bilden sich immer größere Lücken im Kristallgitter des Zahnschmelzes und es entsteht Karies.
Fluoride, wie sie z.B. in Zahncremes verwendet werden, bewirken eine Remineralisierung des Zahnschmelzes. Zum einen begünstigen sie die erneute Einlagerung von Calciumphospat, zum anderen binden sie selbst in das Kristallgitter. Auf diese Weise werden Lücken im Zahnschmelz schneller geschlossen und dadurch klein gehalten. Die Wirkung entfaltet sich bei jedem folgenden Demineralisierungsprozess erneut, da hierdurch wiederum kurzfristig Fluorid freigesetzt wird. Es hat also in gewisser Weise eine Depotwirkung. Ingesamt wirkt Fluorid damit nachweislich prophylaktisch gegen Karies.
Wie bei jeder gesundheitlich wirksamen Substanz, entscheidet auch beim Fluorid die Dosis über seine Wirkung. Daher hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Jahr 2013 einen Grenzwert für die tägliche Aufnahme von Fluoriden festgelegt. Dieser liegt bei 0,1 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Für eine erwachsene 80kg schwere Person liegt die Obergrenze somit bei 8mg, für ein 15kg schweres Kleinkind bei 1,5mg pro Tag. Die empfehlenswerte Tagesdosis liegt laut EFSA bei 0,05mg pro Kilogramm und Tag. Bei dieser Menge entfaltet das Fluorid seinen besten Kariesschutz. Es zeigt sich also, dass zu einer grundsätzlichen Aufnahme geraten wird, dennoch aber eine Höchstgrenze nicht überschritten werden soll.
Dabei zählt nur das Fluorid, was tatsächlich in den Körper aufgenommen wird. Wie viel das letztlich genau ist, lässt sich allerdings nicht exakt messen. Fakt ist, dass Fluorid im Trinkwasser ist. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass im Gegensatz zu z.B. den USA dem Trinkwasser in Deutschland, Österreich und der Schweiz, kein Fluorid zugesetzt wird. Obwohl die Werte nicht systematisch kontrolliert werden, liegen sie bei Stichproben in Deutschland in der Regel unter dem natürlichen Gehalt von 0,3 Milligramm pro Liter. Die Trinkwasserverordnung erlaubt dabei einen maximalen Fluoridgehalt von 1,5 Milligramm pro Liter. In den Alpenländern ist der natürliche Fluoridgehalt im Trinkwasser etwas höher, liegt aber immer noch unter den Grenzwerten der Trinkwasserverordnung.
Auch die meisten Nahrungsmittel, wie Fisch, Obst und Gemüse enthalten in geringen Mengen natürlicherweise Fluorid, das wir beim Essen aufnehmen. All diese natürlichen Quellen enthalten aber in der Regel zu wenig Fluorid, um die von der EFSA empfohlene Tagesdosis zu erreichen. Hier kommt dann Zahnpasta ins Spiel. Da Zahnpasta bei sachgemäßem Gebrauch lokal wirkt und nicht in großen Mengen verschluckt wird, birgt sie keine realistische Gefahr, die Tageshöchstdosis (regelmäßig) zu überschreiten. Dennoch ist es natürlich theoretisch möglich.
Neben der Tageshöchstdosis gibt es auch eine wissenschaftlich ermittelte letale Dosis, also eine tödliche Einzeldosis von Fluorid. Diese liegt bei Erwachsenen zwischen 32 und 64 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Bei Kleinkindern liegt sie mit etwa 5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht deutlich niedriger. Aufnahmen in dieser Größenordnung sind allerdings äußerst unwahrscheinlich.
Eine chronische leichte Überdosierung, die ein durchaus realistisches Szenario darstellt, führt zunächst zu einer Zahnfluorose. Sichtbare Anzeichen hierfür sind sogenannte „motted teeth“. Dabei handelt es sich um weiße oder braune Flecken auf den meist wachsenden Zähnen von Kindern. Sie entstehen durch eine Unterentwicklung des Zahnschmelzes, weil bestimmte Entwicklungsprozesse durch den erhöhten Fluoridgehalt gehemmt werden. Bei derartigen Anzeichen sollte die Fluoridzufuhr reduziert werden, um Folgeschäden, wie eine Untermineralisierung des Zahnschmelzes, ab zu wenden.
Als Folge von einer weiteren und höheren chronischen Überdosierung können ähnliche Schädigungen später dann auch in Knochen auftreten. Dabei wird der Knochen weniger elastisch und somit brüchiger. Auch an inneren Organen können, teils diffuse, Schädigungen durch eine chronische Fluorose entstehen. Derartige Beobachtungen als Folge einer massiven Überdosierung von Fluorid sind allerdings zumeist nur aus Tierversuchen bekannt.
Aus der Praxis sind unterschiedliche Fälle von natürlicher Fluorose bei Menschen bekannt. So wurde z.B, um das Jahr 1900 davon Berichtet, dass in der Region von Neapel sehr viele Menschen zerbröckelte Zähne besaßen. Die Gebisse der Menschen waren teilweise regelrecht schwarz und wurden denti neri genannt. Ein Mineraloge fand zur selben Zeit heraus, dass der Fluoridgehalt im Trinkwasser von Neapel überdurchschnittlich hoch war. Und das wahrscheinlich schon sehr lange. Die Ursache hierfür lag wohl in der Aktivität des Vesuv, der fluoridhaltiges Gestein aus tiefen Erdschichten nach oben brachte und hier anreicherte.
Aber auch heute und hierzulande sind Überdosierungen mit Fluorid durchaus möglich, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Diese kommen vor allen Dingen dann zustande, wenn mehrere mit Fluorid angereicherte Produkte parallel verwendet werden. So z.B. fluoridiertes Speisesalz, Fluortabletten (meist bei Kleinkindern) UND fluoridierte Zahncreme (neben den ganzen natürlichen Nahrungsmitteln). Die typischen Anzeichen, wie weiße Flecken auf den (Kinder-) Zähnen, sollten daher schnell richtig gedeutet werden, damit die Fluoridzufuhr reduziert werden kann.
Fluoride sind auf der Verpackung einer Zahncreme leicht aus zu machen. Grundsätzlich kann davon ausgefangen werden, dass konventionelle Zahnpasta Fluoride enthält. Sie sind nicht nur auf der Liste mit Ingredienzien beschrieben, sondern auch ihre Menge ist stets angegeben. Die Deutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung empfiehlt für den Fluoridgehalt in Zahnpasta folgende Mengen:
Für Kinder unter 6 Jahren: bis zu 1000 ppm Fluorid Für Kinder zwischen 6 und 12 Jahren: 1000-1450 ppm Fluorid Für alle Menschen ab 12 Jahre: ab 1450 ppm
Die Angabe ppm steht für parts per million. Bei 1000 ppm enthalten 100 Gramm Zahncreme somit 100 Milligramm Fluorid. Im Allgemeinen halten sich die Hersteller sehr genau an diese Richtwerte.
Es gibt aber auch Zahncremes, bei denen kein Zusatz von Fluoriden zu finden ist. Bei diesen fehlt zum einen die Angabe bei der Auflistung der Inhaltsstoffe, zum anderen werden diese Produkte aber auch meist explizit als fluoridfrei beworben. Laut Stiftung Ökotest haben fluoridfreie Zahncremes allerdings keinen nachhaltigen Kariesschutz. Daher wurden sie in einer Bewertung von Bio-Zahncremes (März 2019) in ihrer Benotung abgestuft. Diese Abstufung wurde aber wieder aufgehoben, wenn anstelle der Fluoride Xylit als Inhaltsstoff verwendet wurde. Diese Substanz bietet eine hervorragende Alternative zu Flourid und wird an späterer Stelle genauer vorgestellt.
Aber nicht alle Bio-Zahncremes sind frei von Fluoriden. Da es sich um einen natürlichen Rohstoff handelt, kann er auch naturkosmetischen Produkten beigefügt werden. So bewertete Ökotest diejenigen Bio-Zahncremes am besten, die also frei von nachweislich schädlichen Zusatzstoffen, wie Mikroplastik, Parabenen oder Natriumlaurylsulfat sind, aber dennoch Fluorid oder Xylit beinhalteten. Eine Empfehlung von Seiten Ökotest geht also ebenfalls zur Verwendung von Fluorid oder, als Ersatz, Xylit zur Kariesprophylaxe.
Dennoch muss fluoridierte Zahnpasta nicht uneingeschränkt empfohlen werden. Fluorid wirkt zwar nachweislich vorbeugend gegen Karies, aber das Nicht-vorhanden-sein von Fluorid in Zahncreme löst natürlich selbst kein Karies aus. Karies wird bei schlechter Mundhygiene und (stark) zuckerhaltiger Ernährung immens begünstigt. Auch genetische Faktoren spielen bei der Entstehung von Karies eine Rolle. So gibt es Menschen, die bei sehr guter Mundhygiene trotzdem anfällig für Karies sind und andere bekommen es teilweise kaum oder gar nicht, obwohl sie sich nicht übermäßig um ihr Gebiss kümmern.
Ein absoluter Verzicht auf fluoridierte Zahnpasta bei Erwachsenen kann gut erfolgen, wenn kein erhöhtes Kariesrisiko und vor allen Dingen kein aktueller Karies vorliegt. Durch eine gesunde, zucker- und säurearme Ernährung kann auf ganz natürlichem Wege Kariesprophylaxe betrieben werden, was außerdem der gesamten Gesundheit dienlich ist. Auch eine aufmerksame Mundhygiene kann die Notwendigkeit von Fluoriden überflüssig machen. Ein sorgsamer und umsichtiger Umgang mit dem eigenen Gebiss ist wahrscheinlich die natürlichste Methode, Karies vorzubeugen.
Ebenfalls zu beachten ist die Fluoridaufnahme über die Ernährung. Sie erfolgt, wie bereits erläutert, ganz natürlich über Trinkwasser und verschiedene Nahrungsmittel. Diese Aufnahme kann durch fluoridiertes Salz (250 Milligramm pro Kilo Salz) oder Fluoridtabletten unterschiedlichen Gehalts ergänzt werden. Allein hiermit kann die angeratene Menge von 0,05 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag erreicht werden, so dass eine weitere Aufnahme über Zahncreme nicht unbedingt notwendig für eine ausreichende Kariesprophylaxe sein muss.
Da Kinder, vor allen Dingen Kleinkinder, sehr viel weniger Salz zu sich nehmen raten Kinderärzte oft zur routinemäßigen Einnahme von Fluoridtabletten. Gerade, wenn solche Tabletten verwendet werden, kann auf Fluorid in Zahnpasta verzichtet werden, da diese Kinder ausreichend versorgt sind. Andernfalls kann es tatsächlich zu einer Überdosierung kommen, die an einer beginnenden Zahnfluorose festgestellt werden kann. Spätestens dann muss die Fluoridzufuhr reduziert werden um Folgeschäden für die Zähne abzuwenden.
Eine sehr gute alternative zu Fluorid ist Xylit. Es wird aus in Holz vorkommendem Holzzucker (Xylose) durch Hydrierung gewonnen. In Finnland ist es ein traditionell eingesetzter Rohstoff, der hier in erster Linie aus Birkenrinde gewonnen wird. Daher wird Xylit auch Birkenzucker genannt. Diese Bezeichnung findet sich noch auf einigen Naturkosmetischen Zahncremes, wird aber zunehmend durch den populäreren Namen Xylit ersetzt.
Der Zuckerersatzstoff ist vor allen Dingen als Süßungsmittel bekannt, aber er hat auch einen deutlich positiven Effekt in der Kariesprophylaxe. Xylit ist vom Aufbau zwar ein Zucker, daher auch sein süßer Geschmack, aber es kann nicht durch Streptococcus mutans verwertet werden. Eine Verwendung führt also zu einer reduzierten Produktion von Milchsäure durch die kariesverursachenden Bakterien. Zum anderen erhöht Xylit den pH Wert im Mund, ein Mechanismus der ebenfalls der Demineralisierung des Zahnschmelzes stark entgegen wirkt.
Eine schädigende Wirkung von Xylit ist bisher nicht bekannt, dennoch findet es nur langsam den Einzug in die Verwendung in Zahncremes. Hier aber dann mit sehr großem Erfolg. In einem Test von Bio-Kinderzahncremes durch Ökotest war ein Produkt Testsieger, das zwar fluoridfrei war, aber anstelle dessen Xylit beinhaltet. Inzwischen wird Xylit zunehmend zur Kariesvorsorge verwendet. Auch viele Rezepturen zur eigenen Herstellung von Zahncremes enthalten Xylit.
Wer also auf Fluorid in Zahnpasta verzichten und auch die künstlich erhöhte Fluoridaufnahme durch Nahrungszusatzstoffe, wie fluoridiertem Salz oder Tabletten, meiden möchte, dem kann eine Verwendung von Xylit bestens empfohlen werden. Dies gilt insbesondere für Menschen, die anfälliger für Karies sind.