Immer wieder zeigt sich in Untersuchungen und Studien, dass ein Großteil der Produkte zur Lippenpflege Mineralöle enthält, die für den Anwender unter Umständen gesundheitsschädlich sein können.
Mineralöle sind komplexe Gemische, die unter anderem ketten- (Mineral Oil Saturated Hydrocarbons, MOSH) oder ringförmig angeordnete (Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons, MOAH) Kohlenwasserstoffketten aufweisen. In ihrem chemischen Aufbau unterscheiden sich die Erdölprodukte von natürlichen pflanzlichen Ölen. Dennoch haben sie ähnliche physikalische Eigenschaften. Da sie jedoch zu einem Großteil als Nebenprodukt in der Aufbereitung von Erdöl abfallen, stellen Mineralöle einen deutlich günstigeren Rohstoff dar, der, auch aufgrund seiner guten Verträglichkeit, häufig in Kosmetikprodukten zum Einsatz kommt.
Mineralöle erfüllen in einem Lippenstift gleich mehrere Funktionen. Sie versiegeln die Lippen und schützen sie so vor dem Verlust von Feuchtigkeit. Gleichzeitig wird der Lippenstift wasserabweisend, so dass er möglichst lange hält und nicht so rasch abgewaschen wird. Auch für den allseits beliebten Glanz der Farben sind häufig die enthaltenen Mineralöle verantwortlich.
Mineralöle wirken außerdem als Konsistenzgeber und garantieren die Streichfähigkeit und Festigkeit des Lippenstiftes. Dabei sind sie, wie bereits erläutert, ein Rohstoff, der für die Kosmetikindustrie vergleichsweise kostengünstig bezogen werden kann. Dazu gibt es keine bekannten Allergien oder Unverträglichkeiten.
Es gibt nicht das eine Mineralöl, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Substanzen, die unter diesem Sammelbegriff zusammengefasst werden. Einige von ihnen, besonders solche, die einen hohen Anteil an MOAH enthalten, stehen im Verdacht, krebserregend und leberschädigend zu wirken, wenn sie in den Körper gelangen. Aus diesem Grunde gelten in der EU strenge Richtlinien darüber, welche Mineralöle in welchen Mengen und Reinheitsgraden in Lippenstiften verwendet werden dürfen.
Aufgrund dieser Richtlinien geht das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Jahr 2018 in einer Stellungnahme davon aus, dass von Mineralölen in Kosmetikprodukten kein besonderes gesundheitliches Risiko ausgeht. Dabei gehen die Experten der Behörde auch insbesondere auf Lippenstifte und Lippenpflegeprodukte ein, die gerade deshalb nochmal ein höheres Risiko darstellen, weil die Inhaltsstoffe nicht nur über die Haut, sondern auch oral aufgenommen werden.
Erst drei Jahre zuvor hatte die Stiftung Warentest festgestellt, dass die Mengen an verwendeten Mineralölen in Lippenstiften zum Teil drastisch über den Grenzwerten für Lebensmittel lag. Dabei sollten diese Grenzwerte vergleichbar sein. Wegen des hohen Anteils an Mineralölen wurden zahlreiche Markenprodukte mit schlechten Noten bewertet und Stiftung Warentest riet deutlich von der Verwendung von Lippenpflegeprodukten auf der Basis von Mineralölen ab.
Auch Ökotest stuft Mineralöle in Lippenstiften als kritisch ein und rät, trotz der Entwarnung durch das BfR, von der Nutzung mineralölhaltiger Lippenstifte ab. Die Datenlage sei lückenhaft und das gesundheitliche Risiko daher nicht klar von der Hand zu weisen.
Beide Verbraucherorganisationen wiesen außerdem darauf hin, dass es genügend Alternativen zu Mineralöl in Lippenstiften und Lippenpflegeprodukten gibt. Es gäbe daher keinen Grund, an einem Inhaltsstoff festzuhalten, von dem eine Unbedenklichkeit nicht eindeutig erwiesen sei.
Mineralöle dienen häufig als Basis für Lippenstifte und stehen auf der Liste der Inhaltsstoffe an erster Stelle. Doch auch, wenn sie weiter hinten stehen, sollte dies keine Entwarnung sein. Sie verbergen sich hinter unterschiedlichen Begriffen. Die häufigsten sind die Folgenden:
Anstatt mühselig die Liste der Inhaltsstoffe zu studieren, kann auch die Hilfe von Apps zu Rate gezogen werden. Programme wie Codecheck oder ToxFox erlauben das schnelle einscannen eines Produkts mit Hilfe des Smartphones. Es folgt eine Übersicht über alle Inhaltsstoffe inklusive Bewertung etwaiger Risiken. Dazu gehören nicht nur die in Lippenstiften vorkommenden Mineralöle, sondern auch zum Beispiel Parabene.
Noch einfacher ist der Griff zu konventionellen Produkten, die offensiv mit dem Hinweis „frei von Mineralölen“ werben oder zu Naturkosmetik, in der grundsätzlich keine Mineralöle enthalten sind.
Die beste Alternative zu Mineralölen als konsistenzgebende Basis von Lippenstiften stellen natürliche Wachse dar. Solche Produkte finden sich unter anderem bei den Herstellern Lavera, Logona, Benecos, Sante, Alva, Zao Essence of Nature, Alverde oder Bella Pierre. Sie alle setzen bei der Herstellung ihrer Lippenpflegeprodukte auf natürliche Inhaltsstoffe, wie verschiedene Blütenextrakte, Rizinusöl, Mandelöl, Candelillawachs, Bienenwachs oder Beerenwachs. Die natürlichen Inhaltsstoffe sind gesundheitlich vollkommen unbedenklich und besitzen gleichzeitig eine tatsächlich pflegende Wirkung. Denn im Gegensatz zu Mineralölen bilden sie kein Film auf den Lippen, sondern ziehen in die dünne Haut ein und versorgen sie mit Feuchtigkeit und Vitalstoffen.
Dabei ist zu beachten, dass naturkosmetische Lippenstifte nicht immer vegan sind. Das fängt beim Bienenwachs als möglicher Basisstoff an und geht über zu natürlichen Farbstoffen, die zum Teil tierischen Ursprungs sein können. Hier gilt nochmal ein kritischer Blick, um den eigenen Anforderungen an ein Produkt gerecht werden zu können.
Für eine Eigenschaft der Mineralöle in Lippenstiften gibt es allerdings keine natürliche Alternative. Dabei handelt es sich um die Wasserfestigkeit oder, wie es bei Lippenstiften auch genannt wird: Das Produkt ist kussecht. Mineralöle bilden einen Film auf den Lippen, der sie versiegelt und das Produkt so lange auf den Lippen hält. Ähnliche Eigenschaften haben Silikone, die sich ebenfalls wie ein Film über die Haut legen. Sie sorgen zum Beispiel für wasserfeste Sonnencreme und können auch in konventionellen Lippenstiften enthalten sein. Unbedenklich sind Silikone allerdings nicht. Naturkosmetika dürfen keine Silikone enthalten und einen natürlichen filmbildenden Inhaltsstoff gibt es nicht. Daher verwischen naturkosmetische Lippenstifte etwas schneller und nachschminken ist öfter nötig.
Zuletzt bleibt festzuhalten, dass Mineralöl zwar für die Hersteller ein kostengünstiger Rohstoff ist, diese Ersparnis aber nicht immer an den Kunden weitergegeben wird. Es kann zwar sein, dass besonders günstige Lippenstifte auf Basis von Mineralölen hergestellt werden, aber umgekehrt sind nicht alle mineralölhaltigen Lippenpflegeprodukte automatisch günstig. Oft ist sogar das Gegenteil der Fall. Entsprechend sind qualitativ hochwertige naturkosmetische Produkte in der Regel nicht teurer als mineralölhaltige konventionelle Lippenstifte.