Trotz seinem nach Einzahl anmutenden Namen, handelt es sich bei Polyquaternium um eine ganze Gruppe von Verbindungen. Diese flüssigen Mikrokunststoffe finden sich in unterschiedlichen Formen in sehr vielen Pflegeprodukten, wie z.B. in Shampoos, Cremes oder Nagellack.
Bei Polyquaternium handelt es sich um quartäre Ammoniumverbindungen. Das bedeutet, dass im Zentrum eines jeden Polyquaterniums ein Stickstoffatom steht, an dessen sämtlichen 4 Bindungsstellen ein organischer (=kohlenstoffbasierter) Rest sitzt. Dieses unterschiedlich ausfallende Konstrukt bildet ein Polymer, also ein Makromolekül, in dem sich die entsprechende Grundeinheit immer wieder wiederholt und so ein großes kettenförmiges oder netzartiges Molekül aus den immer gleichen Bausteinen bildet.
Die gängigen Polyquaternium-Derivate werden mit den anhängenden Ziffern 1 bis 47 beziffert, die die genaue Zusammensetzung der organischen Reste definiert. Die Grundeigenschaft ist aber bei allen Vertretern dieser Gruppe gleich. Sie alle sind selbst positiv geladen, wirken aber antistatisch und sie wirken filmbildend. Das bedeutet, dass sie auf einer geeigneten Oberfläche einen hauchdünnen Film bilden können, der diese Fläche somit versiegelt. Diese Eigenschaft spielt besonders bei der Verwendung in Shampoos eine Rolle.
In Shampoos wurde Polyquaternium als Inhaltsstoff eingeführt, um unliebsam gewordene Silikone zu vermeiden. Silikone wurden und werden teils immer noch in sehr vielen Shampoos und anderen Haarpflegeprodukten verwendet, weil sie das Haar optisch aufhübschen. Ein dünner Silikonfilm legt sich dabei um jedes einzelne Haar und verleiht dem gesamten Haar somit Glanz, Glätte und eine leichte Kämmbarkeit. Allerdings handelt es sich hier um einen rein optischen Effekt. Unter dem versiegelten Mantel aus Silikon trocknet das Haar und wird spröde und brüchig. Außerdem können anhaftende Silikonfilme auf der (Kopf-) Haut zu Irritationen, Rötungen, Pickel- oder Schuppenbildung führen. Die schwere Abbaubarkeit bestimmter Silikone besiegelte die aufkeimende Unbeliebtheit bei den Verbrauchern. Der Wunsch nach silikonfreien Produkten wurde lauter. Und erhört. Einige Unternehmen wollten aber nur ungern auf die kostengünstigen Silikone verzichten und fanden eine ähnlich günstige Alternative aus dem Reagenzglas: Polyquanternium.
Die Eigenschaften sind in großen Teilen mit denen der Silikone identisch, im Guten, wie im Schlechten. Der flüssige Kunststoff bildet, wenn er in Haarpflegemitteln verwendet wird, einen Film um das Haar, der es optisch glättet und die Kämmbarkeit erleichtert, ohne dabei das Haar tatsächlich nachhaltig zu pflegen. Wie auch beim Silikon wird das Haar versiegelt und trocknet langfristig von innen heraus aus. Sich immer dicker aufbauende Kunststoffschichten, können das Haar sogar so schwer werden lassen, dass es unter seinem Gewicht brechen kann (Build-up Effekt). Der Einsatz von Polyquaternium in Haarpflegeprodukten ist also reine Augenwischerei. Dem Kunden wird ein vermeintlich gutes „silikonfreies“ Produkt vorgesetzt, dabei wurde der unbeliebte Inhaltsstoff nur durch einen anderen ersetzt, der (noch) nicht in der Kritik steht und genauso wenig wirklich pflegend auf das Haar wirkt.
Aber nicht nur in Shampoos wird der Kunststoff verwendet. Auch in Duschgels, Cremes und Nagelpflegeprodukten findet sich inzwischen Polyquaternium. Dabei ist die Eigenschafts stets die gleiche. Die positiv geladenen Moleküle haften sich an die Haut oder den Nagel und bilden dort einen Film. Dieser sorgt dann für ein seidiges Gefühl von Glätte, bzw. auf dem Nagel für Glanz. Allerdings wird die Haut durch den Film versiegelt, so dass es zu Irritationen, wie Rötung, Juckreiz und lokaler Austrocknung kommen kann. In einigen Produkten zur Färbung von Haaren wird Polyquaternium ganz gezielt genau aufgrund dieser versiegelnden Wirkung eingesetzt. Nach dem Auftragen der Farbe soll die anhaftende Kunststoffschicht nicht nur Glanz bringen, sondern auch bewirken, dass die künstliche Haarfarbe nicht so einfach ausgewaschen werden kann.
Polyquaternium ist dafür bekannt, problematisch auf Textilien zu wirken. Wenn es auf die Kleidung gelangt, bildet es auch hier einen Film, der zunächst nicht sichtbar ist. In der Waschmaschine fangen die kleinen freistehenden Ärmchen des künstlichen Polymers allerdings unterschiedlichste Schmutzpartikel ein, die nun fest mit dem Stoff verbunden sind. Es entstehen graue wölkchenförmige Flecken auf den Stoffen, die sich nur durch einen Wäschegang bei 95°C und unter Zugabe eines Bleichmittels wieder lösen lassen. Textilien, die diese Art der Reinigung nicht vertragen, können von diesen Flecken nicht mehr befreit werden. So kann ein geliebtes Kleidungsstück schnell durch etwas Creme ruiniert werden.
Ein anderer Aspekt ist die Wirkung von Polyquaternium auf die Gesundheit. Während Silikone nicht direkt gesundheitsschädlich für den Menschen sind, lässt sich diese Aussage auf Polyquaternium nicht genau übertragen. Polyquanternium 7 enthält beispielsweise, wenn auch nur in sehr geringen Mengen, krebserregendes Acrylamid. Die Konzentration ist bei normaler Anwendung zwar viel zu niedrig, um eine Krebserkrankung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auszulösen, dennoch ist die bloße Anwesenheit dieser Substanz in einem Pflegeprodukt absolut überdenkenswert. Die genauen gesundheitlichen Folgen von Polyquaternium auf den Menschen sind bisher aber noch nicht abschließend geklärt. Es konnte allerdings gezeigt werden, dass sich hohe Konzentrationen dieses Kunststoffes im Wasser negativ auf kleine Wasserorganismen auswirken. Somit scheinen sie zumindest in größeren Mengen auch giftig zu sein, was in der Umwelt zu weiteren Problemen führen kann.
Die Umweltbelastung durch Silikone beruht in erster Linie auf ihrer schlechten Abbaubarkeit. Rückstände lassen sich über Jahrzehnte in Klärschlamm oder Sediment nachweisen. Ähnliches gilt für Polyquaternium. Diese Verbindungen zählen zum Mikroplastik und sind nur sehr schwer bis gar nicht abbaubar. Sie reihen sich in die große Sammlung nicht abbaubarer Mikroplastikpartikel, die heute unseren Planeten verschmutzen. Aufgrund ihrer Eigenschaft als Flüssigkunststoff kann es nicht in Kläranlagen abgefangen werden und Polyquaternium gelangt letztlich über das Abwasser in die Meere.
Mikroplastik findet sich heute nicht nur in allen Gewässern der Erde. Auch in der Luft, die wir atmen und in Bodenproben, selbst reiner Naturschutzgebiete, konnte Mikroplastik nachgewiesen werden. Tiere und Pflanzen nehmen es auf, so dass es über die Nahrungskette von einem Organismus zum anderen gelangt. Im Jahre 2017 konnten österreichische Wissenschaftler erstmals auch in menschlichen Stuhlproben Mikroplastik nachweisen. Es findet sich also tatsächlich überall. Mikroplastik ist der unabbaubare Stempel, den die Menschheit unserem Planeten aufdrückt. Laut einer Schätzung der IUCN (International Union for Conservation of Nature) stammen zwar nur etwa 2 Prozent des gesamten Mikroplastiks in der Umwelt aus kosmetischen Produkten, dennoch sind diese 2% sehr einfach und ohne große persönliche Einschränkungen zu vermeiden. Einzig ein aufmerksamer Blick in der Drogerie ist hierfür erforderlich.
In der Fertigung konventioneller Pflegeprodukte zählen geringere Herstellungskosten oftmals mehr, als die Erschaffung eines tatsächlich qualitativ hochwertigen Produktes. Künstliche Zusatzstoffe, die in großen Mengen kostengünstig in Chemiefabriken synthetisiert werden können, finden daher trotz all ihrer schlechten Eigenschaften eine weite Verwendung. Hinzu kommt die vermeintlich positive Wirksamkeit, die sich erst bei genauerem Hinsehen als Trugschluss erweist. Um Silikone oder Polyquaternium sicher in den unterschiedlichsten Produkten erkennen zu können, hilft ein Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe. Polyquaternium ist stets als solches benannt und zur genaueren Definition mit einer Ziffer versehen, z.B. Polyquaternium-7. Silikone können unterschiedliche Namen haben, die aber in der Regel die Endung -cone oder -xane aufweisen, z.B. Dimethicone oder Cyclopentasiloxane.
Naturkosmetische Produkte sind grundsätzlich frei von beiden Zusatzstoffen. Hier kommen andere natürliche Rohstoffe zum Einsatz, die in sehr ähnlicher Weise wirken, allerdings aufgrund ihrer Natürlichkeit keinerlei Umweltbelastung darstellen. Diese Rohstoffe sind zum Teil kompliziert zu gewinnen oder kommen ganz einfach nicht in großen Mengen vor. Daher ist ihre Verwendung teilweise mit höheren Kosten verbunden, die aber aufgrund ihrer besseren Wirksamkeit und Verträglichkeit ebenfalls ihre Berechtigung haben. Beispiele für solche natürlichen Rohstoffe sind Weizenprotein, Brokkolisamenöl, Inulin aus der Chicoréewurzel oder Kokosglucosid. Sie alle wirken glättend auf Haut und Haar, vermitteln ein seidiges Gefühl und verbessern die Kämmbarkeit. Dabei bildet keines dieser Stoffe einen isolierenden Film. Feuchtigkeit und Pflegestoffe können also weiterhin aufgenommen werden.
Somit bieten diese natürlichen Alternativen nicht nur einen gewissen Schutz vor den unerwünschten Wirkungen der synthetischen Zusatzstoffe, wie Unverträglichkeit und Umweltbelastung, sondern haben selbst eine deutlich bessere gewünschte Wirkung. Die pflegende Wirkung auf Haut und Haar ist hier tatsächlich gegeben und keine augenwischende Illusion. Dadurch erweisen sich naturkosmetische Produkte als im doppelten Sinne nachhaltig.