Ein einfaches und unkompliziertes Einfärben der Haare mit einer großen Farbauswahl, schnelles auswaschen und schonend für Haar und Haut. Das sind die Versprechen, mit denen Haarkreide angepriesen wird. Doch um was für Farbe handelt es sich genau? Funktionieren sie und sind sie wirklich unbedenklich für das Haar?
Bei Haarkreide handelt es sich in ihrer Grundform um herkömmliche Kreide, wie sie auch zum malen verwendet wird. Die meisten Kreiden sind in Form von Kreidestiften zu erhalten, mit denen quasi auf das Haar gemalt wird. Sie bestehen ausschließlich aus Kalk, Talkumpuder und Farbpigmenten einer bestimmten Farbe. Diese Pigmente können natürlich oder synthetisch sein und sind im Grunde in sämtlichen Farbtönen zu erhalten. Unabhängig vom genauen Ursprung und Farbton, sind Farbpigmente meist als unbedenkliche Inhaltsstoffe einzustufen. EU-Richtlinien bestimmen genau, welche Farbpigmente verwendet werden dürfen und welche nicht. Sicherheitshalber kann aber zum Beispiel die CodeCheck-App genaue Informationen über die jeweils verwendeten Farbpigmente geben. Das gilt insbesondere dann, wenn Produkte online erworben werden und nicht klar ist, ob sie für den europäischen Markt tatsächlich zugelassen sind.
Dabei ist zu beachten, dass es Farbpigmente gibt, die in Lebensmitteln nicht zugelassen sind, in kosmetischen Produkten aber schon. Interessante Überschneidungen gibt es jedoch bei Lippenstiften. Das Verbrauchermagazin Ökotest beanstandete bereits im Jahr 2010 die Verwendung des violetten Farbpigments CI17200 in einigen Lippenstiften. Bei oraler Aufnahme können diese Pigmente krebserregend wirken, daher war ihre Verwendung in der Lebensmittelindustrie bereits verboten. Heute ist die Verwendung dieses Farbpigments innerhalb der EU auch in sämtlichen Kosmetikprodukten stark eingeschränkt. Derartige Sicherheitsmaßnahmen gewährleisten heute weitestgehend die Verwendung unbedenklicher Farbpigmente in den unterschiedlichsten kosmetischen Produkten.
Bei Kalk handelt es sich um natürlich vorkommende Calcium-Verbindungen, die fest, aber etwas porös sind. Damit die Haarkreide nicht zu sehr bröselt und bröckelt, wird dem Kalk zusätzlich Talkumpuder zugesetzt. Talkum ist ein natürliches Magnesiumsilicathydrat und ein sehr weiches und wasserabweisendes Mineral. In der Haarkreide sorgt es dafür, dass das Kalk und die Farbpigmente besser aneinander binden und so eine relativ feste Konsistenz des Kreidestiftes entsteht.
Der Ablauf des Haarefärbens mit Haarkreide ist denkbar einfach. Um die Haare mit Haarkreide zu bemalen, sollten sie zunächst angefeuchtet werden. Am besten eignet sich hierzu ein Zerstäuber, da die Haare nicht zu nass seien sollten. Die Farbe kann dann individuell nach Bedarf auf das Haar aufgetragen werden. Dabei sollte stets in Wuchsrichtung gearbeitet werden, um eine unnötige Strapazierung der Haare zu vermeiden. Anschließend muss es nur noch trocknen. Zur Fixierung der Farbe sollten die Haare anschließend mit einem Glätteisen erwärmt werden. Durch diese Maßnahme halten die Farben besser. Bei diesem Prozess sollte kein Fön verwendet werden, da dieser die staubigen Anteile der Haarkreide vorzeitig aus dem Haar pusten kann. Das Ergebnis sind bunte Farbakzente, die auch auf dunklem Ausgangshaar eine relativ starke Leuchtkraft besitzen.
Um zu verstehen, was bei dieser Anwendung genau am Haar passiert, sollte zunächst der Aufbau der Haare grob skizziert werden. Das Haar besteht in seinem Innern aus der sogenannten Faserschicht. In diesem Teil des Haares befinden sich Keratinfasern, die sich längs durch das Haar ziehen und dem Haar seine Elastizität und Festigkeit verleihen. Außerdem befinden sich hier Melaninablagerungen. Melanin ist das natürliche Farbpigment des Menschen, das in zwei unterschiedlichen Formen vorliegt. Das Eumelanin ist braun-schwarz und das Phäomelanin ist rot-golden.
Die Zusammensetzung dieser Farbanteile bestimmt die individuelle Haarfarbe des Menschen und ist genetisch festgelegt. Bei chemischen Haarfärbemitteln dringen die Farbstoffe in diese innere Haarschicht ein und verändern die natürliche Haarfarbe durch oxidative Prozesse irreversibel. Die Farbpigmente der Haarkreide gelangen nicht in die Faserschicht der Haare. Sie wirken ausschließlich auf die äußere Haarschicht, die sogenannte Schuppenschicht. Sie besteht aus abgestorbenen und verhornten Zellen, die sich in mehreren Schichten übereinander legen und ein Gebilde erschaffen, das an einen Tannenzapfen erinnert. Die Schuppen liegen bei einem gesunden Haar relativ eng an und schaffen so eine glatte Oberfläche, die die darunter liegende natürliche Haarfarbe glänzen lässt. Ihr Zweck besteht hauptsächlich darin, das Innere des Haares vor Austrocknung und UV-Strahlung zu schützen.
Wenn die Haare angefeuchtet werden, öffnen sich die Schuppen der Haare etwas und nehmen Wasser in das Haar auf. Hier kommt die Haarkreide ins Spiel. Wird sie auf das feuchte Haar aufgetragen, dann werden die Farbpigmente ein Stück mit aufgesogen und lagern sich zwischen den geöffneten Schuppen ab. Je mehr Farbe aufgetragen wird, desto mehr Pigmente können sich zwischen den Schuppen ansammeln. Nachdem die Haare getrocknet sind, empfiehlt es sich, die Haarkreide mit einem Glätteisen zu fixieren. Die Wärme des Glätteisens bewirkt einen Verschluss der durchsichtigen Haarschuppen. Dieser Mechanismus ist eine Schutzfunktion und bewahrt das Haar vor übermäßiger Austrocknung.
Die Farbpigmente aus der Haarkreide sind nun relativ fest zwischen den Schuppen gefangen und verbleiben dort bis zur nächsten Haarwäsche. Hierbei werden sie einfach wieder aus der sich öffnenden Schuppenschicht ausgespült. Je nachdem, wie tief die Pigmente in die Schicht eindringen konnten, bedarf es auch einer weiteren Haarwäsche, um alle Partikel rückstandslos aus dem Haar zu entfernen. Hierbei spielt auch der Gesundheitszustand des Haares eine Rolle. Bei trockenem und sprödem Haar stehen die Schuppen grundsätzlich weiter vom Haar ab. Hier können die Pigmente von vornherein tiefer eindringen.
Das Kalk und das Talkumpuder dienen bei der Haarkreide lediglich als Trägerstoff für die Farbpigmente, die sich im feuchten Haar direkt im Wasser lösen. Die Minerale selbst wirken nur indirekt auf das Haar. Die Rückstände, die auf der Haaroberfläche zurückbleiben können dem Haar Feuchtigkeit entziehen. Bei unregelmäßiger Anwendung sollte dies aber kein Problem für die Gesundheit der Haare darstellen.
Wie schon beschrieben, können zum Teil kritische Farbpigmente in Haarkreide enthalten sein. In der Regel sind sie aber bei Produkten, die für den europäischen Markt bestimmt sind, nicht zu finden. Abgesehen davon gibt es neben den klassischen Kreidestiften von einigen Herstellern auch flüssige oder cremeartige Haarkreide, die direkt auf das trockene Haar aufgetragen werden kann. Einige wenige Produkte dieser Art enthalten flüssige Silikone, die eine Glättung der Haare bewirken und die Farben dadurch etwas länger im Haar halten können. Silikone sind allerdings bedenklich, da sie das Haar zusätzlich schädigen. Des Weiteren sind sie schwer abbaubar und stellen eine Belastung für die Umwelt dar. Silikone lassen sich an der Endung -cone oder -xane in der Liste der Inhaltsstoffe gut erkennen.
Ein weiterer Problemstoff befindet sich in Haarkreide mit Glitzereffekt. Bei den Glitzeapartikeln, die in einigen wenigen Produkten enthalten sind, handelt es sich immer um Mikroplastik. Die glänzenden Kunststoffteilchen haften kurzzeitig mit den Farbpartikeln im Haar und gelangen nach dem Ausspülen über das Abwasser in die Umwelt. Dort stellt Mikroplastik bereits ein enormes Umweltproblem dar, da es nicht oder nur extrem langsam abgebaut wird und sich immer weiter ansammelt. Auch wenn Mikroplastik in Haarkreide nicht direkt gesundheitsschädlich ist, soll aus Umweltgründen dringend darauf verzichtet werden.
Die Vorteile von Haarkreide liegen in ihrer einfachen und unkomplizierten Verwendung. Mit etwas Übung ist sie schnell aufgetragen und verleiht dem Haar einen peppigen Style. Das breite Farbspektrum ermöglicht farbenfrohe Highlights, die individuell und für jeden Anlass neu kreiert werden können. Dabei sind die Farbpigmente ziemlich deckend, so dass auch dunkles Haar sehr gut mit Haarkreide gefärbt werden kann. Um die Farben noch besser zum leuchten zu bringen, empfiehlt es sich bei dunklem Haar zunächst eine Schicht weiße Haarkreide aufzutragen. Da Haarkreiden sehr verträglich sind und dem Haar bei nicht übermäßiger Anwendung auch nicht schaden, können sie sehr gut bei Kindern angewendet werden. Das einfache herauswaschen erlaubt schnelles experimentieren mit den Farben und bietet neben dem perfekten Party-Style auch noch reichlich Spaß. Dabei sind die Kreidestifte sehr ergiebig und bei trockener Aufbewahrung lange haltbar.
Der größte Nachteil von Haarkreide besteht sicherlich in seiner leicht austrocknenden Wirkung. Dadurch wirkt das aktuell gefärbte Haar oft etwas spröde und lässt sich schwer kämmen. Bei zu häufiger Anwendung kann das Haar unter dieser ständigen Austrocknung leiden und brüchig werden, sollte es nicht speziell (z.B. mit Ölen) gepflegt werden. Ebenfalls austrocknend wirkt die häufige Behandlung der Haare mit einem Glätteisen, was aber notwendig ist, damit die Farbpigmente mindestens bis zur nächsten Haarwäsche halten. Abgesehen davon lösen sie sich allerdings auch durch Reibung an der Kleidung, was zu Flecken führen kann. Diese sind zwar gut auswaschbar, aber lästig. Auch ein Regenschauer kann die gemalten Akzente im Haar komplett verschmieren.
Für eine farbenfrohe Gestaltung der Haare zu bestimmten Anlässen ist Haarkreide hervorragend geeignet. Beim Kauf sollte zwar ein kritischer Blick auf die Inhaltsstoffe geworfen werden, aber die allermeisten Produkte sind unbedenklich. Eine Dauerhafte Färbung der Haare ist mit Haarkreide allerdings nicht zu empfehlen. Hierfür sollten andere Färbemittel, wie z.B. pflanzliche Farbstoffe verwendet werden, die es allerdings nur in natürlichen Farben gibt. Sehr bunte Haartönungen enthalten laut Ökotest durchweg unterschiedliche kritische Inhaltsstoffe und sollten in ihrer Verwendung überdacht werden. Hierfür bietet die temporäre Haarkreide auf jeden Fall eine gesunde Alternative.